Nationalpark Doñana

Vom Jagdgebiet zur nachhaltigen Entwicklung

Der Weg zum Jagdgebiet der Aristokraten

Die Anfänge des Gebietes verlieren sich im Dunkel der Geschichte: Vor den Zeiten der Römer soll hier die sagenhafte Hauptstadt des im hebräischen Alten Testament erwähnten Reiches Tartessos gelegen haben, wie der deutsche Althistoriker Adolf Schulten (1870 - 1960) vermutete - dessen Suche allerdings erfolglos blieb. Belegt ist zu Zeiten der Römer die Existenz eines Küstensees, des lago Ligustinus. Im Jahr 1262 wurde das Gebiet von Alfons X (“Der Weise”) für die Christen erobert, der es zum königlichen Jagdgebiet erklärte. Später wurden große Teile des Gebietes als Belohnung für gewonnene Schlachten vergeben, und im 16. Jahrhundert war der größte Teil im Besitz der Herzöge von Medina Sidonia, die es weiter als Jadgbebiet nutzten. Der Frau des 7. Herzogs, Doña Ana, verdankt das Gebiet seinen Namen Doñana; die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung Coto de Doñana verweist auf die Nutzung zur Jagd – coto heißt Jagdgebiet. In der Zeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert waren wohl alle spanischen Könige Jagdgäste in diesem Park.

Die Trockenlegung der Sümpfe

Die Nutzung als Jagdgebiet hat sicherlich dazu beigetragen, das Gebiet und die Wälder zu erhalten. Andererseits galten Feuchtgebiete als ungesund und als Ursache des Sumpffiebers, mit dem Anwachsen der technischen Möglichkeiten begann Ende des 19. Jahrhunderts die Trockenlegung des Gebietes. Mitte des 20. Jahrhundert begann ein anderes Motiv immer wichtiger zu werden: die Region sollte der Landwirtschaft zugänglich gemacht werden, das reichlich vorhandene Wasser zur Bewässerung genutzt werden. Vor allem der Erdbeeranbau wurde erheblich ausgedehnt, zudem erfolgte die Anlage ausgedehnter Reisfelder. Durch die verschiedenen Maßnahmen wurden die marismas von ihrer ursprünglichen Ausdehnung von 180.000 Hektar auf heute 35.000 Hektar reduziert, und diese konnten nur überleben, da ein wachsendes Bewußtsein für die ökologische Bedeutung dieser Feuchtgebiete entstand.

Die Entdeckung der Natur und ihr Schutz

Der ökologische Wert des Coto de Doñana wurde zuerst von dem Engländer Abel Chapman erkannt, der als Co-Autor der Bücher "Wild Spain" (1893) und "Unexplored Spain" (1910) auf die Bedeutung des Gebiets als Rastplatz für die Zugvögel auf ihrem Weg nach Afrika hinwies. Im Jahr 1901 wurden große Teile des heutigen Naturparks an den Sherry-Baron William Garvey verkauft, der große Teile der Kieferwälder abholzen ließ – angeblich hatte er so nach 2 Jahren den Kaufpreis bereits wieder erwirtschaftet. Weitere Verkäufe ließen ernsthaft um dieses Naturparadies fürchten.


1952 besuchten die spanischen Naturschützer Francisco Bernis (der 1954 den spanischen Vogelschutzbund SEO gründete - >> www.seo.org) und José Antonio Valverde (der später der erste Direktor des Nationalparks werden sollte) das Gebiet und starteten eine Kampagne für seinen Schutz; im Jahr 1958 war es wieder das Buch eines Engländers, das den Blick der Naturschützer aus aller Welt auf Doñana lenkte: Guy Mountfords "Portrait of a Wilderness". Diese Kampagne der Spanier und Mountfords Buch trugen wesentlich zur Gründung des World Wildlife Fund (WWF) im Jahr 1961 bei, heute eine der weltweit größten Naturschutzorganisationen (>> www.wwf.de). Der WWF kaufte Ende 1963 gemeinsam mit dem spanischen Wissenschaftsrat Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CSIC) 6.794 Hektar Fläche im Coto de Doñana, die noch heute als Reserva Biologica de Doñana das Kerngebiet des Nationalparks darstellen, der schließlich im Jahr 1969 gegründet wurde. Heute ist der Nationalpark 50.720 Hektar groß, und zudem von einem weitere 53.709 Hektar umfassenden Naturpark umgeben, der 1989 gegründet wurde und als eine Art Schutzgürtel um den Nationalpark liegt.



Andererseits waren mit der Ausweisung der Schutzgebiete die Probleme noch keinesfalls beendet. Einflüsse aus der Umgebung bedrohten das Gebiet weiterhin. Die Gründung der Feriensiedlung Matalascañas mit ihrem hohen Wasserverbrauch senkte den Grundwasserspiegel, und weitere Projekte (etwa der Komplex Costa Doñana mit 20.000 Hotelplätzen) wurden geplant. Für wiederholte Vogelsterben wurden der Chemikalieneinsatz in der umgebenden Landwirtschaft verantwortlich gemacht, und schließlich brach 1998 bei Aznalcóllar der Damm eines Beckens, in dem giftige Abwässer einer Blei- und Zinkmine des kanadisch-schwedischen Konzerns Boliden gespeichert waren; das Abwasser gelangt über den Río Guadiamar in den Nationalpark. Ungezählte Fische und Vögel kamen ums Leben, und es wurde noch einmal deutlich, dass auch die Wasserqualität der Flüsse Guadiamar und Guadalquivir die Gesundheit des Nationalparks beeinflusst. Daher war es auch sehr umstritten, dass der kanadische Konzern Inmet Mining knapp 10 Kilometer von Aznalcóllar entfernt die größte Tagebau-Kupfermine Europas in Betreib nehmen wollte: Bereits bei den Vorbereitungen ist Grundwasser in die Grube eingetreten und dabei mit Schwefel und Schwermetallen in Kontakt gekommen, das betroffene Grundwasserreservoir ist aber die Notreserve der Stadt Sevilla. Aber die Gegend hat eine hohe Arbeitslosigkeit, und daher waren die von Inmet versprochenen 400 Arbeitsplätze ein starkes Argument; Inmet Mining wurde zwar vorübergehend die Lizenz entzogen, aber die Mine konnte 2009 dennoch den Betreib aufnehmen. 2013 wurden drei Manager der Mine zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie für Arsenbelastungen des Grundwassers verantwortlich gemacht wurden. Inmet Mining wurde im gleichen Jahr von seinem ebenfalls kanadischen Konkurrenten First Quantum Minerals übernommen wurde, der heute die Mine betreibt. 2018 produzierte die Mine rund 70.000 Tonnen Kupferkathode.

Ansätze zu nachhaltiger Entwicklung

In der Vergangenheit waren zahlreiche Auseinandersetzungen, etwa um den Bau des Projektes Costa Doñana und den Chemikalieneinsatz und den Wasserverbrauch der Landwirtschaft, von unüberwindbar erscheinenden Gegensätzen zwischen Naturschutz und wirtschaftlichen Interessen der Anwohner geprägt. Seit 1992 wird versucht, unter dem Stichwort nachhaltige Entwicklung diese beiden Interessen unter einen Hut zu bekommen - mit durchaus interessanten Ergebnissen. Fischzuchtanlagen akzeptieren z.B. mittlerweile die Verluste durch Vögel – und bieten Vogelbeobachtungen für Touristen an, was einen Teil der wirtschaftlichen Verluste wieder wettmacht. Zahlreiche kleine Touristikunternehmen versuchen, dem Modell des Strandtourismus à la Matalscañas Alternativen entgegenzusetzen, indem spezielle Programme zur Vogelbeobachtung angeboten werden. 50 Kilometer Küste, auch außerhalb des Nationalparks, sind nach wie vor nahezu unberührt. Im Naturpark wurden inzwischen große Flächen auf biologische Landwirtschaft umgestellt, im Reisanbau wurde der Chemikalieneinsatz um 90% reduziert.

Natürlich sind noch längst nicht alle Herausforderungen bewältigt. Insbesondere der Wasserverbrauch der Landwirtschaft ist nach wie vor unbewältigt, aber ein großer Fortschritt ist zu beobachten: Die Konfrontation wurde durch die gemeinsame Suche nach Lösungen abgelöst. Die Zukunft des Nationalparks sieht heute besser aus als vor 20 Jahren.

Weblinks:

>> www.donana.es: Website der Stiftung Doñana 21

Weiter zu:

>> Übersichtskarte Doñana

>> Praktische Reisetipps Costa de la Luz

>> Übersicht Wandergebiete in Andalusien

© Jürgen Paeger 2004–2019